Kroatische Mittelamerikaner als "Geburtstagsgeschenk"
Auch wenn ich ja durchaus einen Hang zu eher farblosen Fischen habe, so hätte ich mir Gambusia holbrooki wahrscheinlich nicht zwingend als Bewohner meines Kellers ausgesucht. Irgendwie haben sie es aber doch in meine Becken geschafft und das haben sie in erster Linie meinem Sohnemann zu verdanken, der einen Geburtstag etwas anderer Art erleben wollte (und meiner Frau, die dafür ziemlich "hart durch musste")...
G. holbrooki im ersten Gewässer |
In den Osterferien 2014 ging es in den Familienurlaub nach Kroatien und neben den üblichen Sehenswürdigkeiten (Krka National Park, Plitwitzer Seen, Insel Krk) haben wir auch wieder den einen oder anderen Weg jenseits der ausgetrampelten touristischen Pfade erkundet. Und natürlich hat hierbei insbesondere Wasser immer eine besondere Anziehungskraft, mit meinem Sohn habe ich in dieser Beziehung ja auch immer einen begeisterten Mitstreiter - dass sich die Begeisterung meiner Frau dabei regelmäßig in Grenzen hält, sei hier nur am Rande erwähnt. So führte uns eine eher als Feldweg zu bezeichnende Straße auch am Ufer eines Süßwassersees vorbei, wo wir im seichten Uferbereich große Mengen eines guppyartigen Fisches entdecken konnten. Ein genauerer Blick offenbarte, dass es sich um irgendetwas Gambusenartiges handeln musste, wie wir es Jahre zuvor auch schon am Gardasee entdecken konnten. Mein Sohnemann wollte natürlich einige Fische gleich mitnehmen, doch waren wir dafür zu diesem Zeitpunkt nicht ausgerüstet. Ich musste aber versprechen, dass wir uns einen Kescher besorgen und in diesem Urlaub noch einmal auf "Fangexpedition" gehen würden.
Auf der letzten Station unserer Reise hatte unser Sohn nun Geburtstag und als am Morgen die Frage gestellt wurde, was der junge Mann (es war der 12.) denn an seinem Geburtstag machen wolle, war die Antwort schon klar: Fische fangen! Ein Netz hatten wir uns schon auf einer unserer Touren besorgt und dank Internetzugang in der Unterkunft wusste ich auch, dass es an unserem Urlaubsort ein lohnendes Fanggewässer geben sollte. So machten wir uns auf den Weg, erst mit dem Auto, dann ging es zu Fuß weiter.
Der See lag in einer Senke und war über einen befestigten Weg gut zu erreichen. Am See angekommen die erste Ernüchterung, der See schien komplett mit Stacheldraht eingezäunt zu sein. An ein Fischen war mit unserem Equipment nicht zu denken, auch wenn wir schon große Mengen an Gambusia holbrooki im Uferbereich sehen konnten. Also ging es in der inzwischen für den Norddeutschen schon fast unerträglichen Hitze am See entlang, immer auf der Suche nach einem freien Zugang. Dann das erste Hindernis, mitten auf dem Weg Stand eine Gruppe freilaufender Kühe (einige mit Glocken ausgestattete Exemplare auf einer am Weg gelegenen Wiese waren uns vorher schon aufgefallen und sorgten bei einem Teil des "Expeditions-Teams" für deutliches Unwohlsein). Dies war der Moment in dem die Mutter des Geburtstagskindes sehr deutlich ihr Missfallen über den Expeditions-Verlauf kundtat, leichtes "Gegrummel" war zwar schon vorher deutlich zu vernehmen, aber an den Kühen wollte Sie auf keinen Fall vorbei.
Das erste Hindernis: Kühe |
Überlauf des Sees |
Bachlauf hinter dem Überlauf |
So stürzte ich mich todesmutig auf die wegelagernden Huftiere, packte die Führungskuh Elsa (nein, die Kuh Elsa ist nicht tot, das ist die in der Mitte auf dem Bild, die so provokant direkt in die Kamera schaut) an den Hörnern und machte so den Weg für die grummelnde Mutter und ihr leicht verängstigtes Kind frei... Naja, genaugenommen trollten sich die kroatischen See-Kühe ganz von alleine als ich mich ihnen vorsichtig näherte und wir erreichten ohne weitere wiederkauende Beeinträchtigung - aber mit immer noch deutlich zu vernehmendem "Gegrummel" - den hinteren Teil des Sees.
Dort stand uns dann auch kein Zaun mehr im Wege und wir fanden einen Überlauf des Sees vor, aus dem stetig Wasser durch einen kleinen Bach in eine unter dem Niveau des Sees liegende Überschwemmungsfläche plätscherte. In dem Bach konnte wir dann auch gleich einige Gambusen entdecken, welche sich aber als äußerst flink erwiesen und sich nicht so ohne Weiteres erbeuten ließen. Trotzdem konnte mein Fänger einige Tiere fangen und in der mitgebrachten PET-Flasche verstauen.
Weiter hinten am Ende des Baches stellten wir dann fest, dass es auch viel einfacher gegangen wäre. Dort fand sich neben dem Weiher, in den der Bach mündete, eine Restwasserpfütze, welche fast mehr Gambusen als Wasser enthielt. Offensichtlich war der Wasserstand noch kurze Zeit vorher höher und die Tiere hatten es bei sinkendem Wasserstand nicht mehr in den Weiher geschafft. So nahmen wir auch hier noch einige Tiere mit und unser Geburtstagskind rettete noch eine größerer Menge vor dem drohenden Vertrocknen. Wie wir zwei Tage später feststellen konnten (ja, ich war mit Sohnemann noch ein weiteres Mal am See, diesmal von der anderen Seite und - komischerweise - ohne zugehörige Frau Mama), hatten die übrigen Tiere in der Pfütze nur noch kurz überlebt, inzwischen handelte es sich um Dörrfisch.
Neben den Gambusen fanden sich in dem Weiher noch große Mengen von Kaulquappen, wobei auffällig war, dass sich in den Bereichen, in den große Mengen Kaulquappen zu finden waren, nicht einer von den Gambusen blicken ließ. Offensichtlich machten die Gambusen einen großen Bogen um den Amphibien-Nachwuchs.
Restwassertümpel voller G. holbrooki |
Überschwemmungsfläche |
Weitere Bewohner |
Blick über den See |
Schlange im See |
Pflanzenbestände im See |
Wir waren auf jeden Fall erst einmal zufrieden mit unserem Fang und machten uns auf den Rückweg. Nun wollten wir - gegen den Widerstand unserer weiblichen Begleitung - nicht wieder den gleichen Weg zurückgehen, sondern den Weg auf der anderen Seite des Sees nehmen. Auch wenn der Eine oder Andere das im Nachhinein als Fehler bezeichnet haben mag, so würde ich dem vehement widersprechen. Hat doch erst dieser Rückweg die ganze "Fangreise" für unseren Sohnemann zu einem unvergesslichen Geburtstagserlebnis gemacht. Im Folgenden ein kurzer Abriss des Rückweges:
- Nach den ersten Metern des Weges mussten wir feststellen, dass der Wasserstand des Sees offensichtlich recht hoch war und der den See umgebenen Weg auf der für den Rückweg gewählten Seite überschwemmt war.
- Anstatt umzudrehen beschlossen wir (absolut basisdemokratisch mit 2:1 Stimmen) uns hangaufwärts in das Unterholz zu schlagen (es sah anfänglich noch nach einem Weg aus), um den überschwemmten Bereich zu umgehen.
- Wir bewegten uns hauptsächlich gebückt auf den von den "See-Kühen" ausgetrampelten Pfaden.
- Neben den obligatorischen Eidechsen trafen wir noch auf so einiges an Getier, wie z.B. Schlangen und einen etwas überdimensionierten Froschlurch (ich bezeichne ihn hier einfach mal als den besten Freund meiner Frau, zumindest hat er bis heute bleibenden Eindruck hinterlassen).
- Ein zwischenzeitlicher Rückweg hangabwärts zum See in der Hoffnung, wieder einen begehbaren Weg zu finden, endete darin, dass wir gut 50 Meter barfuss durch von Gambusen nur so wimmelndes flaches Wasser wateten (natürlich unter lautstarken Unmutsbekundungen unseres weiblichen Expeditionsmitglieds, die das Gefühl von Fischen zwischen den Zehen offensichtlich nicht genießen konnte).
- Also ging es weiter gebückt durchs Unterholz und ohne moderne technische Mittel (Handy mit GPS-Tracker) würden wir wohl noch immer unser Auto suchen.
Letztendlich sind wir dann aber doch, wenn auch etwas erschöpft, heil an unserem Auto angekommen. Für unseren Sohn war es sicher ein unvergessliches Geburtstagserlebnis und besonderer Dank gilt natürlich meiner aquaristisch eigentlich überhaupt nicht interessierten Frau, dass sie so einen Sch... - wenn auch unter stetigem vernehmbaren Protest - dann doch mitmacht.
Rückweg durchs Unterholz |
Der beste Freund meiner Frau |
Verpackt für die Rückreise |
Die gefangenen Gambusen wurden in der Unterkunft dann in einer großen Wanne gehalten, das Wasser wurde alle paar Stunden zum Teil ausgetauscht. Auch Trockenfutter, welches wir kurzfristig noch besorgt hatten, nahmen die Tiere sofort gierig an. Vor der Abreise wurden dann immer einige wenige Tiere in großvolumige PET-Flaschen verpackt und diese in der Reserveradmulde verstaut. So überstanden die Tiere die Rückreise mit Zwischenübernachtung ohne Probleme und jegliche Verluste.
Zu Hause angekommen bezogen die Tiere dann erst einmal zwei Aquarien und gewöhnten sich problemlos ein. Einzig auf die Springfreude der Tiere muss man ein wenig acht geben. Es scheint sich bei den Tieren um ein angeborenes Verhalten zu handeln, dass sie bei Erschrecken sofort den Weg nach oben einschlagen und beachtlich hoch aus dem Wasser schnellen. Gut Abdecken des Aquariums ist also angesagt.
Einige Wochen später zogen dann zehn Tiere in einen unserer Gartenteiche. Hier vermehrten die Tiere sich reichlich, so dass ich den Speiseplan meiner Crenicichla regelmäßig mit jungen Gambusen ergänzen konnte. Kurz vor den ersten drohenden Nachtfrösten sind die Teichbewohner (Anzahl deutlich größer zehn) dann wieder in den Keller gezogen, wo sie einige Becken von 125-175l bewohnen.
Gambusia holbrooki im Aquarium |
Gambusia holbrooki (Männchen) im Aquarium |
Gambusia holbrooki (Weibchen) im Aquarium |
Bei Gambusia holbrooki handelt es wahrlich nicht um einen Farbklecks im Aquarium und vom Verhalten her sind sie ungefähr so interessant wie Guppys. Trotzdem werden Sie wohl dauerhaft einen Platz in meinem Keller behalten, zumal sie sich mit der Vermehrungsrate bei Freilandhaltung (und offensichtlich auch nur da) gut als Futterfisch eignen. Manchmal ist es halt der Weg zum Fisch und nicht der Fisch selber, der zu einem dauerhaften Interesse führt - zumindest bei meinem Sohnemann, der die kroatischen Mittelamerikaner im Keller regelmäßig inspiziert.