Ein (wenig) liebenswürdiger Rabauke aus dem Rio Tocantins

Crenicichla compressiceps sah ich erstmals vor Jahren bei einem Händler und war sogleich fasziniert. Mit der Gattung Crenicichla hatte ich mich bis dato noch nicht näher beschäftigt, sie war bei mir nur unter "viel zu große Rabauken" abgelegt – ich mag ja lieber eher kleine Fische. Die Tatsache, daß es in der Gattung auch Arten meiner Kragenweite gab, weckte sofort mein Interesse. Mangels Beckenkapazitäten für diese kleinen, aber dennoch zuweilen ruppigen Gesellen blieb es aber seinerzeit bei einer kurzen Schwärmerei.

Crenicichla CompressicepsAls sich mir dann aber im Dezember 2007 im Zwergbuntbarschforum die Gelegenheit bot Wildfänge dieser Art von privat zu erhalten, war ich sofort wieder Feuer und Flamme. An mangelnden Beckenkapazitäten sollte es diesmal nicht scheitern. Lediglich das Transportproblem hätte mir noch einen Strich durch die Rechnung machen können, da die Tier in Unna saßen und ich nicht die Zeit hatte diese dort kurzfristig abzuholen. Hier kam mir dann der Zufall bzw. der Markus zur Hilfe. Markus hatte ebenfalls Interesse an diesen Tieren, hatte seine Aquarien aber vorübergehend wegen eines anstehenden Umzugs stillgelegt. Er bot mir an mir die Tiere vorbeizubringen und bat mich einige bis zu seinem Wiederaufbau zwischenzuhältern. Dieses verlockende Angebot konnte ich natürlich nur annehmen. Das hieß für mich also, daß ich schonmal für eine entsprechende Unterbringung zu sorgen hatte.


27.01.2008, 23:45 - Ankunft der Rabauken

Crenicichla Compressiceps - Weibchen
 Crenicichla compressiceps Weibchen

Markus steht nach einer kleinen Reise quer durchs nördliche Deutschland bei mir vor der Tür, im Gepäck 20 topfitte Crenicichla compressiceps. Nach kurzer Tröpfelaklimation ziehen die Tiere erst einmal in mein 540er ein. Sogleich zeigen sich diese von der besten Seite – sehr zum Leidwesen einiger bereits im Becken schwimmenden Jungendler.

Nach einem sehr netten Gespräch und zwei Kaffee macht Markus sich dann nach ca. zwei Stunden wieder auf den Weg in die Heimat – er hat noch gut 270 km Autobahn vor sich und muß – ebenso wie ich – am nächsten Morgen wieder arbeiten. An dieser Stelle auch nochmal ganz herzlichen Dank für den freundlichen Lieferservice, ohne diesen wäre es wohl nichts geworden mit meinen Crenicichla compressiceps.

Am folgenden Tag scheinen sich die Tiere schon ein wenig eingelebt zu haben, von Scheu keine Spur. Man zieht meist in einer Gruppe quer durchs Becken. Zwei Tiere haben sich ein wenig abgesondert und zeigen deutliche Aggressivität, wenn sich eines der übrigen Tiere dem Bereich einer Höhle (halbe Kokusnuß) nähern, kehren aber zwischenzeitlich immer mal wieder in die Gruppe zurück. Sollte sich hier etwa schon die bei Crenicichla compressiceps häufig als ein wenig heikel beschriebene Paarbildung andeuten? Und sind das nun zwei von meinen oder zwei von Markus' Tieren? :-)


04.02.2008 - Schneckenfresser

Soeben konnte ich beobachten, was die Crenicichla compressiceps tun, wenn sie sich unbeobachtet fühlen. Ich hatte mich schon die letzten Tage gewundert, warum größere Mengen lebloser Turmdeckelschnecken auf dem Sand herumliegen. Nun weiß ich woran das liegt: Eben - ich saß mal wieder vorm Becken und habe einige Reflektoren gebastelt - wurde ich Zeuge, wie sich ein Crenicichla an eine aus dem Sand kriechende Turmdeckelschnecke anpirschte, dann blitzschnell nach vorne schnellte und der Schnecke den "Kopf" abbiss. Nun liegt eine TDS mehr auf dem Sand – ich muß wohl mal wieder für Nachschub sorgen.

Ansonsten ziehen die Crenicichla compressiceps immer noch meist in der Gruppe Ihre Runden durchs Aquarium. Lediglich ein Männchen hält sich hauptsächlich im rechten Beckenbereich im Umkreis einer halben Kokusnuß auf und jeder Eindringling wird im Umkreis von ca. 20 cm vehement angegangen. Auch zeigt sich bei diesem Männchen eine sehr ausgeprägte Rotfärbung an den Flossensäumen.


17.02.2008 - "Bauchrutscher"

Crenicichla compressiceps (Zwerghechtcichlide) - Einer der "Bauchrutscher"Heute habe ich zwei Tiere separiert, welche schon seit zwei Tagen recht apathisch am Boden liegen. Auch nehmen diese beiden Tiere kaum mehr aktiv Futter auf. Es scheint fast so, als wenn es sich um ein Schwimmblasenproblem handelt, da ihnen das aufschwimmen sichtlich Probleme bereitet. Ich hoffe die Tiere nun im separaten Becken wieder besser ans Futter zu bekommen. Dem Rest der Truppe geht es aber nach wie vor gut.

Leider sind die beiden Tiere in den darauffolgenden zwei Tagen verstorben. Äußerlich war keinelei Verletzung oder Krankheitsanzeichen zu erkennen. Nun ist nur zu hoffen, daß die übrigen Tiere nicht ähnliche Symptome entwickeln. Bisher ist aber nichts dergleichen festzustellen.


07.02.2010 - Und es geht doch...

Nachdem nun schon fast zwei Jahre seit dem letzen Eintrag vergangen sind, hier endlich mal ein kleines Update:Crenicichla compressiceps (Zwerghechtcichlide) - balzendes Paar vor Bruthöhle

Natürlich schwimmen die Crenicichla compressiceps immer noch bei mir, haben mich im letzten Jahr aber schier zur Weißglut getrieben. Es wurde fast ausschließlich gerupft und gebissen (leider gab es auch das eine oder andere Opfer) und kaum glaubte man, daß sich ein Paar endlich gefunden hat, kam es schon wieder zur großen Keilerei. Jungfische gab es immer nur kurz zu sehen, dann waren sie auch schon wieder weg. Auch das Separieren verschiedener Paarkombinationen führte nicht zum Erfolg und die Damen sahen meist arg mitgenommen aus.

Dann habe ich drei der Weibchen für einige Wochen eine Erholungspause in jeweils separaten Becken gegeben. Nach dem Zurücksetzen ins 540er ging es dann erstaunlich schnell und es hatten sich schon am folgenden Tag zwei Paare gefunden, welche sich dann auch als stabil erwiesen. Nach einigen vergeblichen Brutversuchen (die übrige Meute hatte die freischwimmenden Jungfische immer schnell entdeckt) fand ich dann am 29.12.2009 ein Gelege in einem halben Blumentopf direkt im vorderen Bereich des Beckens.

Entgegen meiner sonstigen Vorliebe für die natürliche Aufzucht habe ich das Gelege dieses Mal entnommen, um es separat zum Schlupf zu bringen. Das Gelege brachte ich in einem 12l-Becken mit Regenwasser, einigen Buchenblättern und Erlenzapfen, bei einer Temperatur von 27°C unter. Dies funktionierte relativ problemlos, lediglich einige wenige verpilzte Eier habe ich vorsichtig entfernt. Nach fünf Tagen schlüpften die ersten Larven und zappelten erst einmal recht unkoordiniert durch das Becken.

Crenicichla compressiceps - Bruthöhle mit Gelege

Bruthöhle mit Gelege

Crenicichla compressiceps - Gelege

Gelege 3 Tage vor dem Schlupf

Crenicichla compressiceps - Larven mit Dottersack

Tag 5

Interessant zu beobachten war, daß die Larven, obwohl sie noch über einen ausgeprägten Dottersack verfügten und augenscheinlich ihre Schwimmblase noch nicht gefüllt hatten, bereits aktiv testweise gegebene Artemia-Nauplien jagten und fraßen. Das konnte ich bisher noch bei keiner anderen Art in der Form beobachten.

Crenicichla compressiceps - Jungfisch

Tag 8

Crenicichla compressiceps - Jungfisch

Tag 9

Crenicichla compressiceps - Jungfisch

Tag 10

Die weitere Aufzucht gestaltete sich recht problemlos. Am 6. Tag schwammen die Jungfische endgültig frei und bei reichlicher Gabe von Artemia-Nauplien konnte man den Tieren geradezu beim Wachsen zuschauen. Nach zehn Tagen gab es dann zu den Artemia-Nauplien täglich feinste Cyclops und Fliegenlarven, welche ich unter der dicken Eisdecke meines Teiches immer noch ergattern konnte. Dies schien das Wachstum nochmals zu beschleunigen.

Es ist schon faszinierend dabei zuzuschauen, wie ein zehn Tage alter Crenicichla compressiceps eine Fliegenlarve überwältigt, welche halb so groß ist wie er selber. Man pirscht sich ganz gezielt von vorne an das Opfer heran, schnappt blitzschnell zu und dann wird solange geschlungen bis die Fliegenlarve irgendwie im Magen gelandet ist. Alternativ beißt man auch gerne erst einmal den Kopf ab.

Crenicichla compressiceps - Jungfisch

Tag 14

Crenicichla compressiceps - Jungfisch

Tag 20

Crenicichla compressiceps - Jungfisch

Jungfisch gut einen Monat nach Schlupf

Nach nun gut drei Wochen haben die Jungtiere schon eine stattliche Größe von 1,5 - 2cm erreicht und fressen mir glatt die Haare vom Kopf. Es ist gar nicht so einfach bei 30cm Eisdecke, komplett zugewehtem Graben und eisigen Temperaturen den Hunger der Zwerge zu stillen. An Frost- oder gar Trockenfutter gehen sie absolut nicht. Zum Glück bietet mein Gartenteich unter der dicken Eisdecke nimmer noch reichlich nahrhafte Cyclops und Fliegenlarven, so daß für ausreichend Futter gesorgt ist (und damit, daß meine Nachbarn mich aufgrund des allabendlichen "Eisangeln" inzwischen für komplett behämmert halten, kann ich leben).


01.06.2010 - Licht und Schatten

Nach nun knapp 5 Monaten haben sich die insgesamt 29 Tiere prächtig entwickelt. Sie fressen immer noch große Mengen Cyclops und zeigen auf dem Rücken schon die charakteristische Streifenzeichnung der adulten Tiere. Die weitere Aufzucht gestaltet sich recht unproblematisch, Ausfälle gab es keine mehr und die Aggressionen untereinander halten sich glücklicherweise noch in Grenzen.

 
Crenicichla compressiceps (Zwerghechtcichlide) - Juntier nach knapp 5 Monaten 
 Jungtier nach knapp 5 Monaten

Es gab aber durchaus auch Rückschläge. Ein weiteres Gelege, welches ich separat aufziehen wollte, brachte lediglich 11 Jungfische hervor, welche sich anfänglich auch bestens entwickelten (festzustellen war lediglich, daß diese sich in der kleineren Gruppe sehr viel zurückhaltender sind). Eines morgens lagen diese dann alle tot auf dem Boden. Als Grund hierfür kann ich lediglich das leichte Auswaschen des Filterschwamms am Vorabend vermuten, da sowohl Wasserwechsel als auch Fütterung analog zum direkt daneben stehenden Aufzuchtbecken erfolgten und es dort keine Verluste zu gab.

Und auch ein weiteres Weibchen habe ich leider verloren. Um den Tieren die Chance zur natürlich Aufzucht zu geben, habe ich ein schon seit einiger Zeit im großen Becken harmonierendes Paar, welches auch schon mehrfach abgelaicht hatte, in einem Becken mit der Grundfläche 120x40 cm separiert. Die ersten Tage sah alles sehr vielversprechend aus, es wurde gebalzt, verschiedene Höhlen begutachtet und heftig gebuddelt. Auch war beim Weibchen ein deutlicher Laichansatz zu erkennen.

Eine Woche später fand ich dann allerdings das Weibchen - schwer gezeichnet - tot im Becken und das obwohl die Tiere am Vorabend noch einträchtig im Becken schwammen. Aus irgendeinem Grunde war es über Nacht auf einmal vorbei mit der Harmonie. Crenicichla compressiceps sind wirklich faszinierende Tiere, aber manchmal können Sie einen schon zur Weißglut treiben.


12.06.2012 - Geschlechtsunterschiede

Aus aktuellem Anlass, da ich immer wieder einmal Fragen zur sicheren Unterscheidung der Geschlechter bekomme, möchte hier ganz kurz von meinen Erfahrungen berichten. Man hört und liest immer wieder, dass die männlichen Tiere vertikale senkrechte Streifen in den unpaarigen Flossen haben, die Weibchen nicht. Das kann ich nur zu Teil bestätigen, da ich zumindest einige sichere Weibchen habe, welche im hinteren Teil der Rückenflosse und auch in der Schwanzflosse leichte vertikale Streifen zeigen (siehe auch zweites Bild auf der Seite oben). Dies könnte insbesondere bei sehr jungen Tieren zu Verwechslungen führen. Grundsätzlich sind die Streifen aber bei männlichen Tieren ausgeprägter.

Bei mir hat sich aber die Streifenzeichnung in der Afterflosse als eindeutiges Unterscheidungsmerkmal erwiesen. Hier zeigen bei mir nur die Männchen eine vertikale Streifenzeichnung, bei Weibchen ist diese bisher in keinem Fall vorhanden gewesen.

Crenicichla compressiceps - Afterflosse Männchen Crenicichla compressiceps - Afterflosse Weibchen

Afterflosse Männchen

Afterflosse Weibchen