Spitzschlammschnecken als biologische Waffe
Immer wieder mal konnte ich in der Vergangenheit ein vermehrtes Auftreten von Süßwasserpolypen, wahrscheinlich Hydra vulgaris, in meinen Aufzuchtbecken beobachten. Diese traten in diesen Becken nach reichhaltiger Fütterung mit frisch geschlüpften Artemi-Nauplien und Tümpelstaubfutter teilweise explosionsartig auf. Und auch wenn die Jungfische von Apistogramma, Crenicichla & Co nicht unbedingt zu den Kleinsten gehören, nehmen auch größere Jungfische bei Berührung der Tentakel durchaus Schaden. Mehrfach konnte ich beobachten, wie gerade frei geschwommene Apistogramma-Larven die Nesselkapseln der Hydren berührten und anschließend anfingen zu kümmern. So schreibe ich größere Verluste in den ersten Tagen nach dem Schlupf durchaus auch den Hydren zu.
Hydren im Aufzuchtbecken |
Wie kommen Hydren ins Aquarium?
Ich behaupte, daß Hydren in fast jedem Aquarium latent vorhanden sind, auch dann, wenn sie aktuell nicht sichtbar sind. Zur explosionsartigen Vermehrung kommt es immer dann, wenn günstige Bedingungen vorherrschen, z.B. große Mengen von feinem Futter vorhanden sind. In meinem Fall ist der Übertragungsweg klar, die Hydren schleppe ich mir sicher regelmäßig durch Lebendfutter aus dem Graben hinter dem Haus ein (siehe auch ). Da habe konnte ich schon ganze Kolonien von Hydren auf ins Wasser gefallenen Blättern entdecken können (deswegen werden ich aber nicht aufhören diese praktische Lebendfutterquelle zu nutzen).
Neben selbst gefangenem Lebendfutter kann sicher auch eine Einschleppung durch gekauftes Lebendfutter (ich habe schon selber Hydren in einem Beutelchen rote Mückenlarven gesehen), Einsetzen von Pflanzen (große Hydrenkolonien in Javamoos und auf Cryptocoryn hatte ich selber schon) oder Übernahme von Einrichtungsgegenständen (Wurzeln, Steine, Kies) aus anderen Becken erfolgen. Bei Letzteren ist auch bei vollkommener Austrocknung eine Übertragung möglich, da die Eier der Hydren auch dies überstehen (Indiz dafür ist auch, daß Hydren auch in temporären Gewässern anzutreffen sind). Ebenso ist eine Übertragung durch Kescher u.Ä. oder nur ein wenig Wasser aus befallenen Becken sicher möglich, zumal aufgrund der Regenerationsfähigkeit der Hydren schon kleinste Fragmente ausreichen, um wieder zum kompletten Süßwasserpolypen zu wachsen.
Spitzschlammschnecke im |
Im den Weiten des aquaristischen Internets ist auch oft zu lesen, daß Hydren durch Artemia-Nauplien oder Frostfutter eingeschleppt werden können. Ersteres ordne ich komplett in das Reich der modernen Mythen der Internetaquaristik ein, warum sollten in Artemia-Zysten aus den Salzseen dieser Welt Süßwasserpolypen vorhanden sein? Bei letzterem halte ich zwar die Wahrscheinlichkeit für nicht ganz so groß, aufgrund der bekannten Widerstandsfähigkeit der Hydren und der Tatsache, daß Sie in unseren Breiten auch in Gewässern vorkommen, welche im Winter komplett durchfrieren, möchte ich dies aber nicht vollkommen ausschließen. Ebenso wie die Austrocknung überstehen die Hydren-Eier auch Frost ohne Probleme.
Chemische Bekämpfung
Eine sehr wirkungsvolle Bekämpfung von Hydren ist wohl auch mit verschiedenen chemischen Mitteln möglich. In diesem Zusammenhang wird immer wieder Flubenol genannt, welches auch in geringer Dosis Hydren zuverlässig bekämpfen soll. Ich selber habe dazu aber keine Erfahrung, da ich auf den Einsatz von chemischen Mitteln - abgesehen von einem Mittel gegen Laichverpilzung - konsequent verzichte. Grund dafür ist, daß mein Wechselwasser nach nochmaliger Einspeisung in den Osmosekreislauf über einen Gartenteich und Bachlauf direkt in meinen Graben hinter dem Haus läuft. Und da möchte in derartige Substanzen nur ungern verwenden.
Spitzschlammschnecke |
Spitzschlammschnecken als Hydren-Killer
Ich habe mich vor einigen Jahren mal an die Worte eines alten Aquarianers aus meinen Anfängen erinnert. Dieser hatte immer einige Spitzschlammschnecken in seinen Becken, um der explosionsartigen Vermehrung von Hydren entgegenzuwirken. Seit dem halte ich es genauso und sichtbarer Hydrenbefall gehört der Vergangenheit an. Und selbst wenn ich mal vergessen sollte nach Freischwimmen und Beginn der Fütterung eine Spitzschlammschnecke ins Aufzuchtbecken zu setzen (vorher ist dies nicht ratsam, da die Schnecken sich durchaus auch am Gelege oder den noch recht bewegungslosen Larven vergreifen), hat eine einzelne Schnecke einen evtl. auftretenden Hydrenbefall innerhalb weniger Stunden wieder im Griff. Die Beschaffung der Schnecken stellt kein Problem dar, da diese sich in einigen meiner Regentonnen im Garten stark vermehren.
Teilweise ist im Internet zu lesen, daß Spitzschlammschnecken Probleme mit den höheren Temperaturen im Aquarium haben. Dies kann ich allerdings nicht bestätigen, bei mir zeigen sich die Tiere als äußerst ausdauernd auch bei Temperaturen jenseits der 25°C.
Für mich haben sich die nützlichen Helfer bisher bewährt. Neben der zuverlässigen Beseitigung von Süßwasserpolypen, übernehmen Spitzschlammschnecken auch die Reinigung der Aufzuchtbecken. Ein Bakterienrasen auf dem Glasboden hat da keine Chance und auch Futterreste (z.B. abgestorbene Artemia-Nauplien) werden zuverlässig beseitigt.
Übertragung von Fischparasiten durch Spitzschlammschnecken
Es ist wohl unstrittig, daß Spitzschlammschnecken als Zwischenwirt für verschiedene Fische befallene Parasiten (z.B. Darmparasiten) fungieren. Die Übertragung der Parasiten-Zwischenstadien muß wohl nicht zwingend durch direkten Kontakt mit Fischen erfolgen, sondern können z.B. auch über Vogelkot aufgenommen werden. Die Entnahme aus einem fischfreien Gewässer ist also keine Gewähr, daß die Schnecken nicht befallen sind. Es besteht also – und das soll hier nicht unerwähnt bleiben – bei dem Einsatz von Spitzschlammschnecken aus heimischen Gewässern ein potentielles Risiko der Übertragung von Parasiten.
Ich selber habe allerdings noch keinerlei negative Erfahrungen gemacht. Ich habe inzwischen seit einigen Jahren eine stabile Population in einigen Regentonnen, aus der ich die Tiere für die Aquarien entnehme. Zu einem sichtbaren Parasitenbefall ist es bisher noch nicht gekommen und ich persönlich schätze andere Übertragungswege auch als erheblich wahrscheinlicher ein (neue Fische im Bestand, Lebendfutter). Letztendlich muß aber jeder selber beurteilen, ob er das Risiko eingehen möchte.